Durchführung der Bioimpedanzmessung im Liegen
Für die Beobachtung kleiner Veränderungen, so z.B. zur Erfolgskontrolle bei Ernährungsumstellungen oder Trainingsprogrammen, ist die Bioimpedanzanalyse im Liegen die optimale Methode. Neben der entsprechenden Messtechnik benötigen Sie selbstklebende BIA-Elektroden.
Der Ablauf einer Bioimpedanzmessung ist kurzgefasst:
✅ Körpergröße und Gewicht der Testperson bestimmen
✅ Testperson hinlegen, z.B. auf Yoga-Matte
✅ Jeweils 2 Elektroden an rechter Hand und Fuß befestigen
✅ Messung am BIA-Gerät starten, Ergebnisse ablesen oder an die Software übertragen
In wissenschaftlichen Studien kommt es auf besonders hohe Reproduzierbarkeit an. Hier folgt deshalb ein Vorschlag aus der Wissenschaft. Die Studie [Caicedo-Eraso2012] beschreibt einen praktikablen Ablauf für die Messung im Liegen. Ziel ist es, mit der Testdurchführung das Messergebnis nicht zu beeinflussen.
- Die Testperson legt sich für 5 Minuten auf die Liege. In dieser Zeit kann man bereits die BIA-Elektroden anbringen. Arme und Beine sollten dabei möglichst etwas gespreizt sein, um eine elektrische Verbindung z.B. an den Oberschenkeln zu vermeiden (Hosen tragen).
- Bei einseitiger Messung wird meist die rechte Seite gemessen. Diese Seite wird auch in vielen Studien aus denen Formeln für die Körperanalyse abgeleitet werden verwendet und sollte deshalb bevorzugt werden. Zwischen rechter und linker Seite (Herzseite) soll es systematische Abweichungen in der Resistanz von etwa 10 Ohm geben.
- Reinige die Haut in dem Bereich, wo die Elektroden angebracht werden sollen (siehe Abbildung) mit Alkohol, um das Hautfett zu entfernen und eine bessere Kontaktierung der Elektroden zu ermöglichen. Bei einigen sehr gut haftenden BIA-Elektroden kann man diesen Punkt weglassen. Ausprobieren!
- Befestige die Elektroden an der Hand und am Fuß wie in der Abbildung gezeigt. Für die Wiederholgenauigkeit der Messung sollte die Position der Körper zugewandten Elektrode (Ulna-Knöchel, Schienbeinknöchel) möglichst immer an der gleichen Stelle platziert werden. Der Abstand zwischen vorderer Elektrode und körperseitiger Elektrode sollte mindestens 5 cm betragen. Vorn werden die Stromleitungen angeschlossen — in der Abbildung mit I beschriftet. An der körperseitigen Elektrode erfolgt die Verbindung der Spannungsmessleitung — mit V beschriftet.
Was bei Vergleichsmessungen zur Erfolgskontrolle zu beachten ist
Während des Tagesverlaufs kommt es zu erheblichen Verschiebungen in der Körperzusammensetzung. Diese werden z.B. durch Veränderungen im Wasserhaushalt verursacht und können kleine Veränderungen z.B. durch Trainingseffekte überlagern. Damit verbunden sind auch Änderungen des Körpergewichts.
Schlecht durchblutete Hände oder Füße, sowie erhöhte Körpertemperatur können das Messergebnis verändern. BIA-Messungen nach intensivem Training oder kurz nach dem Aufstehen zeigen ebenfalls Abweichungen. Daher ist es für die BIA-Messung empfehlenswert, diese am Nachmittag und vor dem Training durchzuführen.
Die Ergebnisse der BIA-Messung werden auch durch den Ernährungszustand und die Stoffwechselaktivität der Zellen beeinflusst. Essen und Trinken haben daher auch Einfluss auf die Messwerte.
Manchmal kann es hingegen gerade interessant sein, Trainingseffekte oder den Einfluss der Flüssigkeitsaufnahme zu bestimmen. Dann gelten diese Empfehlungen natürlich nicht.
Wer kleine Änderungen zur Erfolgskontrolle z.B. parallel zu einem Trainingsprogramm bestimmen möchte, sollte daher folgende Aspekte berücksichtigen:
✅ reproduzierbare Messbedingungen z.B. durch gleiche Elektrodenposition
✅ Messung zur gleichen Tageszeit
✅ ähnlicher Abstand zu den Mahlzeiten
✅ vergleichbare körperliche Aktivität vor der Messung
Bioimpedanzanalyse und Herzschrittmacher
Oft ist Bedienungsanleitungen von Körperanalysewaagen oder Geräten zur bioelektrischen Impedanzanalyse der Hinweise enthalten, dass bei Menschen mit Herzschrittmacher keine Analyse durchgeführt werden soll. Diese Warnhinweise basieren meist auf Bedenken hinsichtlich gesundheitsgefährdender Wechselwirkungen mit dem Herzschrittmacher. Allerdings sind diese Bedenken aus technischer Sicht nicht begründbar. Andererseits werden wahrscheinlich Hersteller von Herzschrittmachern keine generelle Unbedenklichkeit gegenüber Messverfahren mit Körperströmen erteilen.
In [Chabin2019] untersuchten die Autoren 200 Menschen mit Herzschrittmacher, um etwaige Beeinflussungen der Funktion zu finden. Die BIA-Messungen erfolgten bei 5 kHz, 50 kHz und 100 kHz mit einem Messstrom von 800 μA. Die Patienten hatten Herzschrittmacher von insgesamt 5 verschiedenen Unternehmen implantiert. Es kam zu keiner Beeinflussung der Funktion der Herzschrittmacher.
Allerdings sollte man bei Ängsten von Testpersonen mit Herzschrittmachern vor einer BIA-Messung, darauf verzichten. Es gibt den Nocebo-Effekt, der zu ernsthaften physiologischen Störungen führen kann.
Ergebnis der BIA-Messung
Je nach eingesetztem Messgerät wird die sogenannten Impedanz bei einer Frequenz (meist 50 KHz) oder mehreren Frequenzen bestimmt. Nach der Messung stehen je Frequenz die Messwerte Resistanz, Reaktanz und Phasenwinkel zur Verfügung.
Der Phasenwinkel liefert Aussagen zur Qualität der Magermasse. Wie das genau funktioniert, erfahren Sie in folgendem Artikel zur Bioimpedanzanalyse.
Der Phasenwinkel ist ein Indikator für die Vitalität der Muskeln und Organe. Er liefert deshalb direkt wichtige Informationen. Aus Resistanz und Reaktanz berechnet man mit Formeln die Körperzusammensetzung.
Die Körperzusammensetzung aus der BIA-Messung bestimmen
Folgende Werte werden meist aus den Messwerten durch die BIA-Software ermittelt:
- Körperfett
- Magermasse bzw. fettfreie Masse
- Masse der Muskeln und Organe / intrazellulärer Masse bzw. aktive Körperzellmasse (BCM — body cell mass)
- Gesamtkörperwasser (TBW — total body water)
- extrazelluläres Wasser, intrazelluläres Wasser
- Verhältnis extrazellulärer Masse zu Muskel- und Organmasse (BCM — body cell mass): ECM/BCM
- Stoffwechsel Grundumsatz (BMR — basal metabolic rate)
Manchmal kommen noch verschiedene Indikatoren hinzu. Diese sind meist auf das Quadrat der Körpergröße normiert. Der bekannteste ist der Body Mass Index, BMI = (Masse in kg)/ (Körpergröße in m)². Darüber hinaus gibt es noch:
- fettfreie Masse Index — FFMI
- Skelettmuskelmasse Index SMI
- Körperzellmasse Index BCMI (body cell mass index)
- Fettmasse Index — FMI
Oftmals geben Hersteller Normwerte an. Manchmal gibt es dazu Referenzen auf wissenschaftliche Veröffentlichungen oder Institutionen. In anderen Fällen werden diese Informationen nicht veröffentlicht und man muss dem Hersteller vertrauen.
Diese Normwerte sind eine gute Orientierung, sollten jedoch mit Vorsicht verwendet werden, da es große individuelle Unterschiede im natürlichen Körperbau gibt.
Manchmal werden Normwerte aus Studien zur Lebenserwartung oder dem Auftreten bestimmter Krankheiten abgeleitet. So gibt beispielsweise die WHO den Normalbereich des BMI zwischen 18.5 und 25 an.
In anderen Fällen leiten sich diese Normwerte aus der Verteilung in bestimmten Bevölkerungsgruppen ab. Diese müssen nicht unbedingt dem Optimum entsprechen. Die Werte sind meist altersabhängig.
Auswertung der BIA-Messung mit der BIA App
Was ist die BIA App
Die BIA App ist eine sogenannte “progressive Web App” ‑PWA. Aus den Messwerten der Bioimpedanzanalyse (Resistanz und Reaktanz) ermittelt sie die Körperzusammensetzung und stellt diese als PDF-Datei dar.
Die Formeln dafür stammen aus veröffentlichten wissenschaftlichen Studien. Zugang zur BIA App gibt es hier kostenlos. Für Literaturquellen und Formeln erreichen Sie mich über das Kontaktformular oder reservieren Sie sich hier einen Beratungstermin.
Mit der BIA App kann man sowohl Einzelmessungen als auch Vergleichsmessungen zur Erfolgskontrolle durchführen.
Wie funktioniert die BIA App
Zuerst müssen Name, Alter, Geschlecht, Körpergröße und anschließend Resistanz, Reaktanz und Körpermasse eingetragen werden. Nach Drücken des Start-Buttons wird die Auswertung als PDF erzeugt.
Interpretation der Darstellung in der BIA App
Bei der Auswertung mit der BIA App z.B. für den Phasenwinkel ergibt sich beim Vergleich zweier Messungen das folgende Ergebnis.
Der dünne Strich zeigt den Wert der früheren Messung verglichen zum dicken Strich der den aktuellen Phasenwinkel darstellt. So ist auf einem Blick erkennbar, ob es Änderungen zwischen zwei Messungen gab und wenn ja in welche Richtung.
Typische Werte bei Frauen liegen zwischen 5° und 6°, bei Männern zwischen 6° und 7°. Der Balken ist deshalb bei Frauen oberhalb von 5° und bei Männern ab 6° grün. Wichtiger als der absolute Wert sind die Änderungen des Phasenwinkels.
Entsprechend ist die Darstellung für Körperfett, Muskel- und Organmasse, ECM/BCM-Verhältnis und Gesamtkörperwasser. Hier ist ein Beispiel für die Auswertung der BIA App.
Auswertung mit der bioelektrischen Impedanz-Vektoranalyse (BIVA)
Wie das BIVA-Diagramm aufgebaut ist
Die Bioimpedanz-Vektoranalyse (BIVA) kommt ohne statistische Formeln aus. Auf der linken Seite in der unteren Abbildung ist ein BIVA-Diagramm für zwei Messpunkte abgebildet. Im Vergleich dazu sind rechts die mit Formeln berechneten Werte der Körperzusammensetzung.
Das BIVA-Diagramm verwendet Resistanz, Reaktanz und Phasenwinkel direkt. Dadurch erfolgt die direkte Darstellung der BIA-Messergebnisse. Der italienische Arzt Piccoli hat das BIVA-Diagramm zuerst vorgeschlagen. [Piccoli1994].
An der x‑Achse ist die Resistanz und an der y‑Achse die Reaktanz jeweils dividiert durch die Körpergröße aufgetragen. Durch die Division der Impedanzwerte mit der Körpergröße entsteht eine Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlich großen Menschen.
Jede Messung liefert genau einen Punkt in diesem Koordinatensystem. Bei der Untersuchung einer großen Zahl von Menschen ergibt sich also eine Punktewolke. 50 % aller Punkte liegen innerhalb der grünen Ellipse. 75 % liegen innerhalb der roten Ellipse und 95 % aller Menschen liegen innerhalb der schwarzen Ellipse.
Je näher der Messpunkt dem Mittelpunkt der Ellipse ist, desto größer ist die Übereinstimmung mit dem Mittelwert der gewählten Gruppe. Die Lage bezogen auf die Hauptachse von links unten nach rechts oben beschreibt den Zustand des Körperwassers. Unten links befindet sich der Körper in einem über-hydrierten Zustand mit Neigung zur Ödembildung, während oben rechts der Körper dehydriert ist.
Die Nebenachse beschreibt den Zustand der Körperzellen. Oben links ist der Körper mit viel Muskel- und Organmasse ausgestattet, während unten rechts dieser Wert sehr gering ist.
Das heißt, nach einer längeren aufbauenden Phase (anabol) verschiebt sich der Messpunkt nach links oben. Hingegen bewegt sich der Messpunkt durch abbauende Prozesse (katabol) nach rechts unten.
Verwendung des BIVA-Diagramms zur Auswertung
Durch Zuordnung von Menschen zu unterschiedlichen Gruppen — z.B. Frauen zwischen 40 und 60 Jahren, ergeben sich verschiedene Punktewolken. Diese Gruppen haben im BIVA-Diagramm meist unterschiedliche Verteilungen und statistische Eigenschaften.
Dadurch ist es möglich, das Ergebnis einer Messung als Messpunkt in diesem Diagramm darzustellen und mit der entsprechenden Population zu vergleichen. Allerdings benötigt man dafür Software, die für verschiedene Gruppen die entsprechenden Ellipsen anzeigt.
Als Alternative können Sie selbst die Daten aus Veröffentlichungen heraussuchen und z.B. in Excel entsprechend aufbereiten. Piccoli veröffentlichte dafür vor einigen Jahren mit Visual Basic programmierte Excel-Vorlagen inklusive Dokumentation.
Ändern sich bei weiteren Messungen die Impedanzwerte, so ergeben sich verschiedene Punkte im Diagramm. Diese erlauben somit Rückschlüsse auf Änderungen in der Körperzusammensetzung.
Da jeder Punkt alle Messwerte der BIA-Analyse als Information enthält, kann man zu diesem auch die Körperzusammensetzung wie Magermasse (FFM) und Muskel- und Organmasse (BCM) angeben. Diese ist in der Abbildung 1 rechts für Messungen an zwei verschiedenen Tagen dargestellt.
In den letzten 30 Jahren wurden viele Formeln entwickelt, um diese Werte möglichst genau zu berechnen. Viele dieser Formeln entstanden im Rahmen wissenschaftlicher Studien. Für die meisten Körperwerte gibt es eine größere Zahl verschiedener Formeln.
Es gibt daher nicht DEN Körperanalysewert, sondern es können je nach verwendeter Formel Unterschiede auftreten. Die Verwendung des BIVA-Diagramms umgeht diese Schwierigkeiten, da es die Messergebnisse direkt sichtbar macht.
Ein Team der italienischen Universität Cagliari hat das Konzept des BIVA-Diagramms weiterentwickelt und stellt auf ihrer Website umfangreiche Daten und Tools zur Verfügung. Neben der Normierung der Impedanzwerte mit der Körpergröße werden zusätzlich die Körperquerschnitte der Taille, Wade und des Arms berücksichtigt. Ein Beispiel wurde in [Buffa2013] veröffentlicht.
Literatur
[Chabin2019]: Chabin, Xavier, et al. “Bioimpedance analysis is safe in patients with implanted cardiac electronic devices.” Clinical Nutrition 38.2 (2019): 806–811.
[Buffa2013]: Buffa, Roberto, et al. “Accuracy of specific BIVA for the assessment of body composition in the United States population.” PLoS One 8.3 (2013): e58533.
[Caicedo-Eraso2012]: Caicedo-Eraso, J. C., C. H. González-Correa, and C. A. González-Correa. “Use of electrocardiogram (ECG) electrodes for Bioelectrical Impedance Analysis (BIA).” Journal of Physics: Conference Series. Vol. 407. No. 1. IOP Publishing, 2012.
[Piccoli1994]: Piccoli, Antonio, et al. “A new method for monitoring body fluid variation by bioimpedance analysis: The RXc graph.” Kidney international 46 (1994): 534–539.